Die Verwahrungsinitiative ist angenommen. Brigitte Moret, Komiteemitglied und selber Betroffene und Opfer, erzählt über den Erfolg und über ihre Gefühle.

„Ich kann immer noch nicht richtig glauben, dass wir es tatsächlich geschafft haben“, sagt die Lysserin Brigitte Moret noch Tage nach

dem überraschend deutlichen Ja zur Verwahrungsinitiative. Gemeinsam mit den beiden Initiantinnen Anita Chaaban und Doris Vetsch und zwei weiteren Frauen bildete Moret das fünfköpfige Initiativkomitee, das in den vergangenen Monaten mit allen Kräften für die Durchsetzung der lebenslangen Verwahrung von nicht therapierbaren Sexual- und Gewaltstraftätern kämpfte.

Immer und immer wieder liest Brigitte Moret in der Zeitung den Artikel, der das klare Votum für die Initiative unmissverständlich bestätigt und

schüttelt ungläubig den Kopf. Um ihren Mund herum spielt ein siegreiches Lächeln, doch die Augen verraten gespaltene Gefühle: „Dieser Sieg ist nicht ein wirkliches Freudenfest. Es ist vielmehr irgendetwas zwischen Freude und Weinen, denn am Liebsten wäre mir, ich hätte niemals einen Anlass gehabt, das zu machen“, sagt die Mutter eines ermordeten Sohnes.Mit dem Wort „Genugtuung“ käme man wohl ihren Empfindungen am nächsten, fügt sie nach einigem Überlegen an.

 

Ein harter Kampf

Dennoch blickt Moret positiv auf die vergangenen zwei Jahre zurück, in denen sie sich als Mitglied des Initiativkomitees zur Verfügung stellte.

„Ich habe sehr viel gelernt. Die unzähligen Gespräche mit Fachleuten, Betroffenen und auch mit Gegnern der Initiative waren eine grosse Bereicherung“, sagt sie rückblickend. Zwar sei es vorgekommen, dass sie in Diskussionen zutiefst verletzt worden sei, aber sie betrachte diesen Prozess auch als Teil der Verarbeitung ihrer Geschichte. Auch Vorwürfe von Initiativgegnern wie der Kampf um die Stimmen sei emotional geführt gewesen, weil die Initiantinnen alles selber Betroffene und Opfer seien, mussten sich die fünf Frauen gefallen lassen. Doch damit ist Moret nicht einverstanden: „Wir haben aus tiefster innerer Überzeugung gehandelt und wir wissen einfach nur zu gut, wovon wir sprechen. Wir führten den Kampf mit grosser Ehrlichkeit, das ist alles“, relativiert sie. Auch die Kritik, es seien seitens der Initiantinnen Rachegefühle im Spiel, weist sie von sich: „Wir wollen ganz einfach dazu beitragen, dass Eltern und Kinder das nicht erleben müssen, was wir erlebt haben.“

 

Mitten ins Herz des Stimmvolkes

Der Sieg der Initiative ist für die Komiteemitglieder vor allem deshalb eine unerwartete Überraschung, weil die Mittel äusserst bescheiden waren. Die Initiantinnen konnten weder Plakate drucken noch gross Werbung lancieren - es fehlte schlicht an Geld. Allein mit Standaktionen, Klebern, Broschüren und über die Medien appellierten die Frauen „an den gesunden Menschenverstand“, wie Moret es nennt, und erreichten damit einen beachtlichen Erfolg. „Es ist ein gutes Gefühl, quasi gegen den Rest der Welt und mit so bescheidenen Mitteln dieses Resultat erreicht zu haben und damit nun etwas bewirken zu können“, freut sich Moret.  „Unsere Kinder sind nicht vergeben gestorben. Vielleicht können wir dadurch jetzt andere schützen. Das sind wir allen Kindern schuldig“, so die Kindergärtnerin.

 

Eine Frau geht ihren Weg

Vor knapp sieben Jahren, im April 1997, verschwand der damals 18-jährige Sohn von Brigitte Moret, Manuel Ramseier, auf rätselhafte Weise. Einen Monat später wurde er tot aufgefunden – er wurde ermordet. Bis heute ist der Fall nicht aufgeklärt und der Täter ist immer noch frei.

Es ist Brigitte Moret ein grosses Anliegen, über dieses Ereignis und seine Auswirkungen auf das Leben der Hinterbliebenen mit anderen Betroffenen sprechen zu können. Darum hat sie gemeinsam mit anderen Betroffenen in Bern die Selbsthilfegruppe für Angehörige von Mordopfern gegründet. Auch in Deutschland ist sie Mitglied einer Selbsthilfegruppe.

Vor rund zwei Jahren stiess Moret über das Internet zu den beiden Initiantinnen der Verwahrungsinitiative und entschloss sich, im Komitee mitzumachen. In unzähligen Auftritten im Fernsehen, im Radio und in Zeitungen trat sie mit ihrem Schicksal an die Öffentlichkeit und leistete so ihren Beitrag im Kampf gegen Sexual- und Gewaltverbrechen. Ihr Hauptanliegen in diesem Kampf: „Eltern und Kinder sollen das nicht erleben müssen.“

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